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Kita👶 2-4 Jahre📖 15 Min. Lesezeit

Kind ist frech in der Kita – Verstehen was dahinter steckt

Die Erzieherin sagt: Dein Kind ist frech. Es gibt freche Antworten, macht Grimassen, sagt Sachen die 'man nicht sagt'. Als Eltern ist das unangenehm. Aber was bedeutet 'frech' eigentlich? Und steckt vielleicht mehr dahinter als nur schlechtes Benehmen?

In diesem Artikel erfährst du:

  • 1Was 'frech sein' bei Kleinkindern wirklich bedeutet
  • 2Entwicklungsbedingte Ursachen für freches Verhalten
  • 3Der Unterschied zwischen Grenzen testen und echtem Problem
  • 4Wie die 4 Erziehungsstile damit umgehen
  • 5Konkrete Strategien für den Umgang mit 'Frechheit'
  • 6Wann das Verhalten genauer angeschaut werden sollte

Was bedeutet 'frech' eigentlich?

Bevor wir von 'frech' sprechen, sollten wir klären was damit gemeint ist.

Was Erwachsene als 'frech' empfinden:
- 'Nein!' sagen
- Freche Antworten geben
- Grimassen schneiden
- 'Blöde Kita' oder 'Blöde Erzieherin' sagen
- Nicht zuhören
- Den Erwachsenen auslachen

Was das Kind vielleicht tut:
- Seine Meinung äußern (ungeschickt)
- Grenzen testen
- Sprache ausprobieren
- Reaktionen testen
- Aufmerksamkeit suchen
- Überforderung zeigen

Wichtige Unterscheidung:
Manchmal ist 'frech' tatsächlich respektloses Verhalten. Oft aber ist es ein Zeichen von Entwicklung: Das Kind testet, probiert aus, drückt sich ungeschickt aus. Der Kontext entscheidet.

'Frech' ist subjektiv:
Was eine Person als frech empfindet, sieht eine andere als normal. Kulturelle Unterschiede spielen eine Rolle. Manche Erwachsene empfinden jedes 'Nein' als Frechheit.

Zwei Perspektiven

Um zu verstehen was passiert:

Dein Kind denkt möglicherweise:

  • Ich probiere neue Wörter aus
  • Ich will sehen was passiert wenn ich das sage
  • Ich bin wütend und weiß nicht wie ich das zeigen soll
  • Ich will Aufmerksamkeit
  • Die anderen Kinder lachen wenn ich das mache
  • Ich fühle mich nicht gehört

Die Erzieherin/du denkt:

  • Dieses Kind ist respektlos
  • Es hat keine Erziehung
  • Es untergräbt meine Autorität
  • Die anderen Kinder lernen das ab
  • Ich muss das unterbinden
  • Was denken die anderen Eltern?

💡'Frech' ist oft das Etikett das wir Verhalten geben, das uns unangenehm ist. Aber hinter dem Verhalten steckt immer ein Bedürfnis oder eine Entwicklungsaufgabe. Die Frage ist nicht nur 'Wie stoppe ich das?' sondern 'Was braucht dieses Kind?'

🧠

Typische Ursachen für 'freches' Verhalten

Entwicklung: Sprache ausprobieren, Grenzen testen, Autonomie zeigen – alles normal. Aufmerksamkeit: Auch negative Aufmerksamkeit ist Aufmerksamkeit. Nachahmung: Von anderen Kindern, Medien, Erwachsenen gehört. Überforderung: Manchmal ist 'freches' Verhalten Ausdruck von Stress. Unerfüllte Bedürfnisse: Hunger, Müdigkeit, emotionale Bedürfnisse. Fehlende Sprache: Kind kann nicht sagen was es fühlt und drückt es 'frech' aus.

Warum Kinder 'frech' sind

Verschiedene Gründe können hinter dem Verhalten stecken:

  • Sprache ausprobieren: Kleinkinder testen neue Wörter – auch 'verbotene'
  • Reaktion testen: Was passiert wenn ich das sage? Interessant!
  • Aufmerksamkeit suchen: Auch Schimpfen ist Aufmerksamkeit
  • Nachahmung: Von älteren Kindern, Geschwistern, Medien gelernt
  • Grenzen testen: Wo ist die Linie? Wie weit kann ich gehen?
  • Überforderung: Freches Verhalten als Ventil für Stress
  • Autonomie zeigen: 'Ich bin ich! Ich sage was ICH will!'
  • Peer-Druck: Die anderen Kinder lachen wenn ich das sage

Was nicht hilft

Diese Reaktionen verschärfen oft das Problem:

  • Groß reagieren: Viel Aufregung = viel Aufmerksamkeit = mehr davon
  • Beschämen: 'Du bist so ein freches Kind!' verletzt das Selbstbild
  • Machtkampf: Eskalation bringt nichts
  • Ignorieren wenn es nicht geht: Bei Verletzungen muss reagiert werden
  • Über das Verhalten lachen: Kind lernt: Das ist witzig!
  • Zu lange Vorträge: Kind hört nicht zu
  • Drakonische Strafen: Unverhältnismäßig und nicht lehrreich

Wie die 4 Erziehungsstile mit 'Frechheit' umgehen

Dein Erziehungsstil prägt deine Reaktion:

Empfohlen
🌿

Autoritativ

Wärme + klare Grenzen

  • Bleibt ruhig und reagiert nicht übermäßig
  • Setzt klare Grenze: 'So sprechen wir nicht miteinander'
  • Zeigt Alternative: 'Wenn du wütend bist, kannst du sagen: Ich bin wütend'
  • Sucht nach dem Bedürfnis hinter dem Verhalten
  • Gibt nicht übermäßig viel Aufmerksamkeit für unerwünschtes Verhalten
  • Modelt respektvolle Kommunikation vor
  • Bespricht später: Was war los?

→ Kind lernt: So spricht man nicht, UND ich werde gesehen auch wenn ich mich anders verhalte.

🏛️

Autoritär

Strenge + wenig Emotionen

  • Reagiert scharf und bestrafend
  • Beschämt das Kind vor anderen
  • Duldet keine Widerworte
  • Macht aus 'frech' eine große Sache
  • Sieht das Kind als respektlos und schlecht

→ Kind fühlt sich schlecht, versteht aber nicht was es stattdessen tun soll. Kann das Verhalten verstärken oder heimlich machen.

☀️

Permissiv

Viel Wärme, wenige Grenzen

  • Findet das Verhalten manchmal witzig
  • Setzt keine echte Grenze
  • Kind bekommt keine Orientierung
  • Entschuldigt das Verhalten
  • Keine Alternative wird gezeigt

→ Kind lernt nicht dass das Verhalten nicht okay ist. Es wiederholt sich.

🍃

Laissez-faire

Wenig Struktur, wenig Führung

  • Reagiert kaum auf das Verhalten
  • Keine Grenzen werden gesetzt
  • Kind bekommt keine Führung
  • Verhalten wird nicht adressiert
  • In der Kita prallt es auf andere Erwartungen

→ Kind ist orientierungslos was okay ist und was nicht.

So gehst du mit 'frechem' Verhalten um – Schritt für Schritt

Diese Strategien helfen konstruktiv zu reagieren:

1

Bleib ruhig

Je mehr du aufregst, desto interessanter wird das Verhalten für das Kind. Ruhig und sachlich reagieren entfernt die Belohnung (Aufmerksamkeit).

💡 Atme tief durch bevor du reagierst.

2

Setze eine klare, kurze Grenze

'So sprechen wir nicht.' 'Das ist nicht okay.' Kurz, klar, ohne große Erklärung oder Aufregung.

💡 Der gleiche Satz jedes Mal gibt Konsistenz.

3

Zeige die Alternative

Was soll das Kind STATTDESSEN tun? 'Wenn du wütend bist, sag: Ich bin wütend.' Das gibt eine Option.

💡 Übe die Alternative auch wenn das Kind nicht frech ist.

4

Schau nach dem Bedürfnis

Warum war das Kind 'frech'? Aufmerksamkeit? Frustration? Überforderung? Wenn du das Bedürfnis füllst, wird das Verhalten weniger.

💡 Frag dich: Was wollte mein Kind eigentlich?

5

Gib Aufmerksamkeit für gutes Verhalten

Wenn das Kind respektvoll kommuniziert, bemerke es! 'Danke dass du mir gesagt hast was du willst.' So wird das gute Verhalten verstärkt.

💡 Gutes Verhalten braucht mehr Aufmerksamkeit als schlechtes.

6

Konsequenz bei anhaltender Frechheit

Wenn das Verhalten weitergeht: 'Wenn du so sprichst, beende ich das Gespräch.' Und dann tun. Keine endlosen Ermahnungen.

💡 Konsequenz heißt nicht Strafe – es heißt logische Folge.

7

Model respektvolle Kommunikation

Kinder lernen durch Vorbild. Wie sprichst du mit dem Kind? Mit anderen? Was sieht und hört das Kind?

💡 Wenn du 'frech' zu deinem Kind bist, lernt es das von dir.

8

Besprich es später

Wenn alle ruhig sind: 'Vorhin hast du gesagt... Warum warst du so wütend?' So verstehst du was los war.

💡 Nicht verhören, sondern interessiert nachfragen.

Wann ist 'frech' nur Entwicklung?

Manchmal ist freches Verhalten völlig normal:

Sprache ausprobieren:
Kleinkinder testen neue Wörter – auch 'Pipi', 'Kacka' und 'Blöde'. Das ist Sprachentwicklung, nicht Bösartigkeit.

Autonomie-Phase:
'Nein!' und Widerspruch sind zwischen 2 und 4 Jahren völlig entwicklungstypisch.

Grenzen testen:
Jedes Kind testet wo die Grenzen sind. Das ist normal und wichtig.

Nachahmung:
Wenn das Kind etwas Freches bei anderen hört und es nachsagt, ist das Lernen – nicht Charakterschwäche.

Wann es mehr ist:
Problematisch wird es wenn:
- Das Verhalten extrem ist (Beleidigungen, Aggression)
- Es dauerhaft und nicht altersgemäß ist
- Es mit anderen Problemen einhergeht
- Es das Zusammenleben stark belastet

Wann ist 'freches' Verhalten noch normal?

🟢

Normale Entwicklung

Kind testet Grenzen, sagt manchmal freche Sachen, reagiert auf klare Grenzen. Verhalten ist altersgemäß und nicht extrem. Es gibt auch respektvolle Kommunikation.

🟡

Erhöhte Aufmerksamkeit

Kind ist dauerhaft und intensiv 'frech'. Es reagiert kaum auf Grenzen. Das Verhalten belastet die Kita-Situation deutlich. Es gibt weitere Verhaltensauffälligkeiten.

🔴

Professionelle Beratung empfohlen

Extreme Respektlosigkeit oder Aggression. Verhalten ist deutlich nicht altersgemäß. Es gibt weitere Auffälligkeiten. Das Zusammenleben ist stark belastet.

🩺Wann professionelle Hilfe sinnvoll ist

Manchmal braucht es Unterstützung:

  • !Das Verhalten ist extrem und nicht altersgemäß
  • !Es gibt weitere Verhaltens- oder Entwicklungsauffälligkeiten
  • !Die Kita-Situation ist stark belastet
  • !Du bist am Ende deiner Kräfte
  • !Das Verhalten verschlechtert sich trotz Intervention

Häufig gestellte Fragen

Hinter jedem 'frechen' Verhalten steckt ein Kind das etwas braucht – Aufmerksamkeit, Grenzen, Sprache für seine Gefühle. Unsere Aufgabe ist herauszufinden was, nicht nur das Verhalten zu stoppen.

Dr. Becky Kennedy(Good Inside)

Wie gehst du mit 'frechem' Verhalten um?

Dein Erziehungsstil prägt wie du auf unerwünschtes Verhalten reagierst. Strafst du oder verstehst du? Ignorierst du oder setzt du Grenzen?

Finde deinen Erziehungsstil heraus →