Kind hört Erziehern nicht zu – Verstehen und gemeinsam Lösungen finden
Die Erzieherin berichtet: Dein Kind hört einfach nicht zu. Es folgt keinen Anweisungen, macht sein eigenes Ding, scheint in seiner Welt zu sein. Das kann frustrierend sein – für die Erzieher und für dich. Aber: Es gibt Gründe für dieses Verhalten, und es gibt Wege es zu verbessern.
In diesem Artikel erfährst du:
- 1Warum Kleinkinder oft 'nicht hören'
- 2Entwicklungsbedingte Faktoren
- 3Die häufigsten Ursachen in der Kita
- 4Wie die 4 Erziehungsstile die Situation beeinflussen
- 5Konkrete Strategien für bessere Kooperation
- 6Wann das Verhalten genauer angeschaut werden sollte
Warum 'hören' Kleinkinder oft nicht?
Die Aufmerksamkeitsspanne:
Kleinkinder können ihre Aufmerksamkeit noch nicht lange fokussieren. Wenn ein Kind in sein Spiel vertieft ist, 'hört' es die Erzieherin buchstäblich nicht – es nimmt sie nicht wahr.
Impulskontrolle fehlt:
Selbst wenn das Kind die Anweisung hört und versteht, fehlt oft die Fähigkeit den eigenen Impuls zu stoppen. 'Aufhören zu spielen und aufräumen' erfordert Selbstregulation die sich erst entwickelt.
Kein echtes 'Trotzen':
Oft ist 'nicht hören' kein bewusster Widerstand. Das Kind ist einfach noch nicht in der Lage auf Kommando zu folgen. Der präfrontale Kortex, zuständig für Planung und Selbstkontrolle, reift erst in den nächsten Jahren.
Verarbeitung braucht Zeit:
Manche Kinder brauchen länger um Gehörtes zu verarbeiten. Bis die Anweisung 'angekommen' ist, hat der Erwachsene vielleicht schon aufgegeben.
Wichtig:
'Nicht hören' ist bei Kleinkindern selten böser Wille. Meist ist es Entwicklung, Überforderung oder eine Kommunikationsfrage.
Zwei Perspektiven
Um die Situation zu verstehen:
Dein Kind erlebt:
- Ich bin gerade so vertieft in mein Spiel
- Ich habe nicht gehört dass jemand was gesagt hat
- Ich verstehe nicht was ich tun soll
- Ich kann meinen Impuls nicht stoppen
- Es ist so viel los hier, ich kann mich nicht konzentrieren
- Die Erzieherin ist so weit weg/spricht zu leise
Die Erzieherin/du denkst:
- Warum hört das Kind nie?
- Ist das Kind respektlos?
- Will es mich provozieren?
- Andere Kinder hören doch auch
- Was mache ich falsch?
- Braucht das Kind Konsequenzen?
💡Bevor du annimmst dass dein Kind 'nicht hören will', frag: Kann es mich hören (Aufmerksamkeit)? Versteht es was ich sage (Verarbeitung)? Kann es es umsetzen (Impulskontrolle)? Oft liegt die Antwort hier – nicht im 'nicht wollen'.
Mögliche Ursachen für 'nicht hören'
Entwicklungsbedingt: Normale Aufmerksamkeitsspanne, unreife Impulskontrolle, Verarbeitungszeit. Umweltbedingt: Zu laut, zu viel los, Kind zu weit weg, Erzieherin spricht zu schnell. Emotional: Kind ist überfordert, müde, hungrig, emotional aufgelöst. Beziehung: Kind hat keine Bindung zur Erzieherin, fühlt sich nicht gesehen. Körperlich: Hörprobleme, Verarbeitungsstörung (selten). Erst wenn die offensichtlichen Ursachen ausgeschlossen sind, nach tieferen schauen.
Häufige Gründe warum Kinder in der Kita nicht hören
Diese Faktoren können eine Rolle spielen:
- •Keine Bindung zur Erzieherin: Kind 'hört' bei vertrauten Personen besser
- •Überreizung: Zu viel Lärm, zu viel los – Kind kann nicht filtern
- •Zu viele/komplexe Anweisungen: Kind versteht nicht was verlangt wird
- •Keine Blickkontakt-Kommunikation: Anweisung geht über Köpfe hinweg
- •Unterschiedliche Regeln: Zu Hause gelten andere Regeln als in Kita
- •Emotionale Überlastung: Kind ist gestresst, ängstlich, überfordert
- •Autonomie-Phase: Trotzen und 'Nein' sind entwicklungstypisch
- •Fehlende Konsequenz: Wenn Nichthören keine Folgen hat
Was selten hilft
Diese Reaktionen verbessern selten die Situation:
- ✗Lauter werden: Kind hört lauter auch nicht besser
- ✗Wiederholen ohne Änderung: Immer wieder dasselbe sagen bringt nichts
- ✗Strafen ohne Erklärung: Kind versteht nicht warum es bestraft wird
- ✗Aus der Distanz rufen: Kind nimmt es nicht wahr
- ✗Beschämen vor der Gruppe: 'Du hörst nie!' verletzt das Selbstbild
- ✗Aufgeben: Keine Konsequenz zeigt dem Kind dass 'nicht hören' okay ist
- ✗Zu viel reden: Lange Erklärungen überfordern
Wie die 4 Erziehungsstile mit 'nicht hören' umgehen
Dein Erziehungsstil zu Hause prägt das Verhalten deines Kindes auch in der Kita:
Autoritativ
Wärme + klare Grenzen
- Setzt klare, verständliche Regeln
- Kommuniziert auf Augenhöhe (Blickkontakt, Nähe)
- Gibt Zeit zur Verarbeitung
- Erklärt kurz warum etwas wichtig ist
- Folgt bei Nichteinhaltung mit ruhiger Konsequenz
- Arbeitet mit der Kita zusammen
- Sucht nach Ursachen statt nur Symptome zu bekämpfen
→ Kind lernt: Regeln sind wichtig, und ich verstehe warum. Ich werde respektiert UND es gibt Grenzen.
Autoritär
Strenge + wenig Emotionen
- Erwartet sofortigen Gehorsam
- Bestraft bei Nichtbefolgung
- Wenig Erklärung: 'Weil ich es sage'
- Sieht 'nicht hören' als Respektlosigkeit
- Macht Druck
→ Kind hört vielleicht aus Angst, aber ohne innere Motivation. Oder es rebelliert stärker.
Permissiv
Viel Wärme, wenige Grenzen
- Wiederholt Anweisungen endlos ohne Konsequenz
- Gibt nach wenn das Kind nicht hört
- Wenige klare Regeln
- Bittet statt anzuweisen
- Kind hat keine Orientierung
→ Kind lernt: 'Nicht hören' hat keine Folgen. Warum sollte ich hören?
Laissez-faire
Wenig Struktur, wenig Führung
- Wenige oder keine Anweisungen
- Keine Erwartungen an Kooperation
- Kind entscheidet selbst
- Keine Konsequenzen
- Kind fehlt Orientierung
→ Kind hat nie gelernt auf Anweisungen zu reagieren – warum sollte es in der Kita anders sein?
So verbesserst du die Kooperation – Schritt für Schritt
Diese Strategien helfen zu Hause und in der Kita:
Geh in die Nähe und stelle Blickkontakt her
Rufe nicht durch den Raum. Geh zu deinem Kind, knie dich hin, stelle Blickkontakt her. Erst dann sprich.
💡 Sanft berühren (Hand auf Schulter) hilft dem Kind sich zu fokussieren.
Sprich kurz und klar
Nicht: 'Könntest du bitte vielleicht die Bauklötze aufräumen wenn du fertig bist?' Sondern: 'Räum die Bauklötze in die Kiste.'
💡 Eine Anweisung gleichzeitig. Nicht mehrere.
Gib Verarbeitungszeit
Nach der Anweisung 5-10 Sekunden warten. Nicht sofort wiederholen. Manche Kinder brauchen Zeit bis die Information 'ankommt'.
💡 Zähle innerlich bis 10 bevor du wiederholst.
Nutze positive Formulierungen
'Lauf' statt 'Renn nicht', 'Sprich leise' statt 'Schrei nicht'. Das Gehirn verarbeitet positive Anweisungen leichter.
💡 Sag was das Kind TUN soll, nicht was es NICHT tun soll.
Erkläre kurz warum (manchmal)
'Räum die Bauklötze weg, dann können wir rausgehen.' Eine kurze Begründung gibt Sinn. Aber nicht immer und nicht zu lang.
💡 Bei wiederkehrenden Regeln braucht es irgendwann keine Erklärung mehr.
Folge mit Konsequenz bei Nicht-Kooperation
Wenn das Kind nicht reagiert: Nicht 10 mal wiederholen. Handeln. Gemeinsam aufräumen, zur Aktivität führen, etc.
💡 Konsequenz heißt nicht Strafe. Es heißt: Die Anweisung wird umgesetzt, mit Hilfe wenn nötig.
Übe Kooperation zu Hause
Wenn zu Hause keine Regeln gelten, wird das Kind in der Kita auch keine befolgen. Übe zu Hause kleine Anweisungen und deren Befolgung.
💡 Mit einfachen Dingen anfangen: 'Bring mir bitte das Buch' – und dann loben wenn es klappt.
Arbeite mit der Kita zusammen
Was beobachten die Erzieher genau? Wann hört das Kind nicht? In welchen Situationen klappt es? Gemeinsam Strategien entwickeln.
💡 Bitte um ein Gespräch und höre genau zu was die Erzieher berichten.
Wenn es um mehr als 'nicht hören' geht
Hörprobleme:
Wenn ein Kind konstant nicht reagiert, könnte ein Hörtest sinnvoll sein. Hörprobleme werden oft übersehen.
Auditive Verarbeitungsstörung:
Manche Kinder hören normal, haben aber Schwierigkeiten Gehörtes zu verarbeiten, besonders in lauten Umgebungen.
ADHS:
Bei älteren Kindern kann 'nicht hören' ein Hinweis auf Aufmerksamkeitsprobleme sein. Bei Kleinkindern ist das schwer zu diagnostizieren.
Emotionale Überlastung:
Ein Kind das dauerhaft gestresst ist, hat keine Kapazität für Kooperation.
Beziehungsprobleme:
Wenn das Kind keine Bindung zu den Erziehern hat, fehlt die Motivation zu kooperieren.
Was tun?
Wenn du dir Sorgen machst, sprich mit dem Kinderarzt. Lieber einmal zu viel nachschauen als etwas übersehen.
Wann ist 'nicht hören' noch normal?
Normale Entwicklung
Kind unter 4 Jahren folgt nicht immer sofort – das ist altersgemäß. Es reagiert auf klare Kommunikation (Nähe, Blickkontakt). Bei Dingen die es interessieren, hört es gut. Es gibt keine anderen Auffälligkeiten.
Erhöhte Aufmerksamkeit
Kind reagiert auch auf klare Kommunikation kaum. Es scheint 'in seiner Welt' zu sein. Die Erzieher sind besorgt. Es gibt weitere Auffälligkeiten (Sprache, Soziales, Verhalten).
Professionelle Beratung empfohlen
Kind reagiert fast nie auf Ansprache. Verdacht auf Hörprobleme oder Verarbeitungsstörung. Kombination mit anderen Auffälligkeiten. Deutliche Abweichung von Gleichaltrigen.
🩺Wann professionelle Hilfe sinnvoll ist
Manchmal braucht es einen genaueren Blick:
- !Kind reagiert konstant nicht auf Ansprache
- !Verdacht auf Hörprobleme
- !Weitere Entwicklungsauffälligkeiten
- !Die Kita-Situation ist stark belastet
- !Dein Bauchgefühl sagt dir dass mehr dahinter steckt
Häufig gestellte Fragen
„Kinder hören nicht weil wir reden. Sie hören weil sie sich verbunden fühlen. Bevor du fragst 'Warum hört mein Kind nicht?', frag 'Fühlt sich mein Kind gehört?'
Wie kommunizierst du mit deinem Kind?
Dein Erziehungsstil prägt wie du Anweisungen gibst und auf Nicht-Kooperation reagierst. Bist du klar oder vage? Konsequent oder nachgiebig?
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