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Schule👶 6-16 Jahre📖 15 Min. Lesezeit

Lernrückstände aufholen – So hilfst du deinem Kind

Der Stoff der letzten Monate sitzt nicht, die Grundlagen fehlen, und das Kind kommt immer weniger mit. Lernrückstände können schnell wachsen – aber sie lassen sich auch aufholen. Mit der richtigen Strategie und Geduld.

In diesem Artikel erfährst du:

  • 1Wie Lernrückstände entstehen
  • 2Warum sie sich oft verschlimmern, wenn man nichts tut
  • 3Wie du den Umfang der Lücken einschätzt
  • 4Die 4 Erziehungsstile und ihr Umgang damit
  • 5Konkrete Strategien zum Aufholen
  • 6Wann professionelle Hilfe sinnvoll ist

Wie entstehen Lernrückstände?

Lücken im Wissen können verschiedene Ursachen haben:

1. Versäumter Stoff:
- Krankheit (längere Abwesenheit)
- Corona-bedingte Schulschließungen
- Schulwechsel mit unterschiedlichem Lehrplan
- Fehltage aus anderen Gründen

2. Nicht verstandener Stoff:
- Ein Thema wurde nicht richtig verstanden
- Darauf baut weiterer Stoff auf → Lücke wächst
- Zu schnelles Tempo im Unterricht
- Scheu, Fragen zu stellen

3. Äußere Faktoren:
- Probleme zu Hause (Scheidung, Stress)
- Mobbing oder soziale Probleme
- Emotionale Belastungen
- Konzentrationsschwierigkeiten

4. Lernprobleme:
- Unerkannte Lernschwächen (Legasthenie, Dyskalkulie)
- ADHS
- Ineffektive Lernstrategien

5. Mangelnde Motivation:
- Desinteresse am Fach
- Keine Verbindung zwischen Lernen und persönlichem Nutzen
- 'Abhängen' in bestimmten Fächern

⚠️

Das Lücken-Problem

Schulstoff baut aufeinander auf. Wer in Klasse 4 die Grundrechenarten nicht beherrscht, wird in Klasse 5 bei Brüchen scheitern. Wer in Klasse 6 die Brüche nicht kann, hat in Klasse 7 mit Algebra keine Chance. Lücken wachsen exponentiell, wenn sie nicht geschlossen werden. Deshalb ist frühes Handeln so wichtig.

Unterschiedliche Perspektiven

Kind und Eltern erleben Lernrückstände unterschiedlich:

Dein Kind erlebt möglicherweise:

  • Ich verstehe das nicht – und weiß nicht mal, was ich nicht verstehe
  • Die anderen können das alle – nur ich nicht
  • Es ist eh zu spät, das nachzuholen
  • Lernen bringt nichts, ich schaffe es sowieso nicht
  • Ich schäme mich, Fragen zu stellen
  • Vielleicht bin ich einfach zu dumm

Du als Elternteil erlebst:

  • Wie konnte es so weit kommen?
  • Warum hat die Schule nichts gesagt?
  • Wie schließen wir diese Lücken?
  • Bin ich schuld, weil ich nicht genug geholfen habe?
  • Soll ich mehr üben oder Nachhilfe holen?
  • Ich mache mir Sorgen um die Zukunft

💡Lernrückstände sind kein Zeichen von Dummheit. Sie zeigen, dass irgendwo etwas nicht gepasst hat – sei es der Unterricht, die Umstände oder die Unterstützung. Die gute Nachricht: Mit der richtigen Strategie lassen sich die meisten Lücken schließen.

Wie erkennst du Lernrückstände?

Manchmal sind Lücken offensichtlich, manchmal versteckt:

Offensichtliche Zeichen:
- Schlechte Noten in bestimmten Fächern
- Kind versteht Erklärungen nicht
- Hausaufgaben können nicht selbstständig gemacht werden
- Grundlegende Aufgaben, die Mitschüler können, schaffen das Kind nicht

Versteckte Zeichen:
- Kind lernt viel, aber Noten bleiben schlecht (Verständnisproblem)
- Vermeidung bestimmter Fächer
- Schnelles Vergessen von Gelerntem
- Sätze wie 'Das hatten wir nie' (obwohl es behandelt wurde)

So findest du den Umfang heraus:
1. Gespräch mit der Lehrkraft: Wo genau liegen die Lücken?
2. Alte Tests anschauen: Welche Fehler wiederholen sich?
3. Diagnosetest: Manche Nachhilfe-Institute bieten kostenlose Einstufungen
4. Gemeinsam durchgehen: Welche Grundlagen fehlen?

Typische Elternfehler bei Lernrückständen

Diese gut gemeinten Reaktionen können kontraproduktiv sein:

  • Alles auf einmal aufholen wollen: Überforderung führt zu Frustration
  • Mehr vom Gleichen: Wenn etwas nicht verstanden wird, hilft mehr Üben des Falschen nicht
  • Druck machen: 'Du MUSST das jetzt lernen!' – Verstärkt Blockaden
  • Vorwürfe: 'Hättest du früher aufgepasst!' – Hilft nicht, beschämt
  • Selbst erklären ohne Geduld: Frustration überträgt sich aufs Kind
  • Panik wegen der Zukunft: Kind spürt den Druck, macht zu
  • Zu spät handeln: Lücken werden mit der Zeit größer

Wie die 4 Erziehungsstile mit Lernrückständen umgehen

Der Erziehungsstil beeinflusst, wie Eltern auf Wissenslücken reagieren:

Empfohlen
🌿

Autoritativ

Wärme + klare Grenzen

  • Analysiert sachlich, wo die Lücken liegen
  • Erarbeitet gemeinsam mit dem Kind einen Plan
  • Holt bei Bedarf professionelle Hilfe (Nachhilfe, Lerntherapie)
  • Bleibt geduldig und feiert kleine Erfolge
  • Passt Erwartungen realistisch an
  • Vermittelt: 'Wir schaffen das – Schritt für Schritt'
  • Sorgt für gute Lernbedingungen ohne zu überwachen

→ Kind fühlt sich unterstützt und glaubt, dass Aufholen möglich ist.

🏛️

Autoritär

Strenge + wenig Emotionen

  • Macht massiv Druck: 'Du musst das lernen!'
  • Bestraft schlechte Noten
  • Wenig Geduld beim Erklären
  • Sieht Lücken als Versagen des Kindes
  • Überlädt mit Zusatzübungen

→ Kind bekommt Lernblockaden und negative Assoziationen.

☀️

Permissiv

Viel Wärme, wenige Grenzen

  • Verharmlost: 'Das wird schon'
  • Keine konkreten Maßnahmen
  • Macht Hausaufgaben für das Kind
  • Senkt alle Erwartungen
  • Entschuldigt beim Lehrer statt zu handeln

→ Lücken bleiben bestehen und wachsen weiter.

🍃

Laissez-faire

Wenig Struktur, wenig Führung

  • Bemerkt das Problem spät oder gar nicht
  • Keine Unterstützung
  • Reagiert erst bei massiven Problemen (Sitzenbleiben)
  • Kind ist auf sich allein gestellt

→ Lücken werden erst bemerkt, wenn es fast zu spät ist.

So schließt ihr Lernrückstände

Strategien für systematisches Aufholen:

1

Bestandsaufnahme machen

Bevor du losstürmst: Was genau fehlt? Sprich mit dem Lehrer, schaue alte Tests durch, mache Diagnosetests. Nur wenn du weißt, wo die Lücken sind, kannst du gezielt arbeiten.

💡 Ein Nachhilfe-Institut kann eine kostenlose Einstufung anbieten.

2

Prioritäten setzen

Nicht alles gleichzeitig! Fange bei den Grundlagen an. Was muss verstanden werden, bevor anderes verstanden werden kann? Baue systematisch auf.

💡 In Mathe z.B.: Erst Grundrechenarten sicher, dann Brüche, dann Algebra.

3

Realistische Ziele setzen

Lücken von Monaten oder Jahren schließen sich nicht in Wochen. Setze erreichbare Zwischenziele: 'In vier Wochen verstehe ich Brüche.' Kleine Erfolge motivieren.

💡 Lieber langsam und gründlich als schnell und oberflächlich.

4

Die richtige Unterstützung finden

Überlege: Kann ich selbst helfen (mit Geduld!)? Braucht es Nachhilfe? Lerntherapie bei Lernschwächen? Die richtige Hilfe zur richtigen Zeit macht den Unterschied.

💡 Qualität der Nachhilfe ist wichtiger als Quantität.

5

Verständnis vor Auswendiglernen

Lücken entstehen oft, weil etwas nicht verstanden wurde. Üben des Unverstandenen hilft nicht. Erst verstehen, dann üben. Erkläre das 'Warum', nicht nur das 'Wie'.

💡 Frage: 'Kannst du mir erklären, warum das so ist?' – so merkst du, ob es verstanden ist.

6

Regelmäßig, aber nicht zu viel

Lieber täglich 20-30 Minuten als einmal wöchentlich 2 Stunden. Das Gehirn braucht Wiederholung und Pausen, um zu speichern.

💡 Lernzeiten fest einplanen – wie ein Termin.

7

Verschiedene Methoden nutzen

Nicht nur lesen und schreiben: Videos, Lern-Apps, Karteikarten, Erklären lassen, praktische Anwendung. Verschiedene Zugänge helfen beim Verstehen.

💡 Finde heraus, wie dein Kind am besten lernt (visuell, auditiv, praktisch).

8

Erfolge feiern

Jede geschlossene Lücke ist ein Erfolg! Würdige Fortschritte, nicht nur Endergebnisse. Das motiviert zum Weitermachen.

💡 'Du verstehst das jetzt – vor zwei Wochen konntest du das noch nicht. Super!'

9

Geduld bewahren

Aufholen braucht Zeit. Es wird Rückschläge geben, Frustration, langsame Fortschritte. Bleibe dran ohne Druck. Geduld ist der Schlüssel.

💡 Der Weg ist nicht linear – Schwankungen sind normal.

10

Bei Lernschwächen: Diagnostik

Wenn trotz guter Unterstützung nichts vorangeht: Liegt vielleicht eine Lernschwäche vor (Legasthenie, Dyskalkulie, ADHS)? Eine Diagnostik bringt Klarheit und öffnet Türen zu spezifischer Hilfe.

💡 Lernschwächen sind keine Faulheit – sie brauchen andere Förderung.

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Nachhilfe: Worauf achten?

Gute Nachhilfe: - Analysiert erst die Lücken - Arbeitet strukturiert an Grundlagen - Fördert Verständnis, nicht nur Auswendiglernen - Gibt positives Feedback - Kommuniziert mit Eltern über Fortschritte Weniger gute Nachhilfe: - Macht nur Hausaufgaben - Erklärt denselben Stoff auf dieselbe Art - Gibt keine Rückmeldung - Kind ist nach Monaten nicht besser Wenn Nachhilfe nach 2-3 Monaten keine Fortschritte zeigt: Wechseln!

Hilfreiche Sätze

Diese Formulierungen unterstützen dein Kind:

  • 'Wir schaffen das – Schritt für Schritt.'
  • 'Es ist nie zu spät, etwas zu lernen.'
  • 'Du bist nicht dumm – du brauchst nur die richtigen Erklärungen.'
  • 'Lass uns schauen, wo genau es hakt.'
  • 'Jeder kleine Fortschritt zählt!'
  • 'Ich bin stolz, dass du es versuchst.'
  • 'Lernen braucht Zeit – das ist okay.'

Sätze, die kontraproduktiv sind

Diese Aussagen können demotivieren:

  • 'Das hätte nicht passieren dürfen!' – Vorwurf hilft nicht
  • 'Du musst das jetzt ALLES aufholen!' – Überwältigend
  • 'Andere Kinder können das längst!' – Vergleich verletzt
  • 'Du hast nicht aufgepasst!' – Schuldzuweisung
  • 'Das wird nie was!' – Hoffnungslosigkeit überträgt sich
  • 'Wir üben jetzt jeden Tag 2 Stunden!' – Überforderung

Wie groß sind die Lücken?

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Kleine, überschaubare Lücken

Einzelne Themen nicht verstanden, Grundlagen sind da, Kind kann mit etwas Übung aufholen, Lücken sind klar abgrenzbar

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Deutliche Lücken

Mehrere Themen oder ein ganzes Halbjahr fehlt, Grundlagenverständnis wackelt, Kind kommt im aktuellen Stoff nicht mit, systematische Hilfe nötig

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Massive Lücken

Grundlagen aus früheren Jahren fehlen, Kind ist völlig überfordert, Versetzung gefährdet, Verdacht auf Lernschwäche, trotz Hilfe keine Fortschritte

🩺Wann professionelle Hilfe nötig ist

Zögere nicht, Unterstützung zu suchen:

  • !Die Lücken sind zu groß, um sie alleine zu schließen
  • !Elterliche Hilfe führt zu Konflikten
  • !Trotz Übung keine Fortschritte
  • !Verdacht auf Lernschwäche (Legasthenie, Dyskalkulie)
  • !Das Kind ist völlig demotiviert und blockiert
  • !Die Versetzung ist ernsthaft gefährdet
  • !Die Situation belastet die ganze Familie
  • !Mehrere Fächer sind betroffen
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Anlaufstellen

Für Förderung: - Qualifizierte Nachhilfe (einzeln oder kleine Gruppen) - Schulische Förderprogramme - Lerntherapie (bei Lernschwächen) Bei Verdacht auf Lernschwäche: - SPZ (Sozialpädiatrisches Zentrum) - Schulpsychologie - Integrative Lerntherapie Beratung: - Erziehungsberatungsstelle - Klassenleitung (erste Anlaufstelle!)

Häufig gestellte Fragen

Es ist nie zu spät, etwas zu lernen. Aber je früher man anfängt, desto leichter ist es.

Unbekannt

Wie unterstützt du dein Kind beim Lernen?

Dein Erziehungsstil beeinflusst, wie du mit schulischen Schwierigkeiten umgehst. Machst du Druck oder hast du Geduld? Holst du Hilfe oder hoffst du auf Besserung? Wenn du deinen Stil kennst, kannst du bewusster handeln.

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