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Kita👶 2-4 Jahre📖 14 Min. Lesezeit

Kind klaut Spielzeug in der Kita – Was dahinter steckt und wie du reagierst

Die Erzieherin ruft an: Dein Kind hat ein Spielzeug aus der Kita mitgenommen. Oder du findest in der Tasche etwas das euch nicht gehört. Das ist unangenehm und besorgniserregend. Aber: Bei Kleinkindern ist 'Klauen' selten das was Erwachsene darunter verstehen. Das Verständnis für Eigentum entwickelt sich erst noch.

In diesem Artikel erfährst du:

  • 1Warum Kleinkinder 'klauen' – und warum das kein echtes Stehlen ist
  • 2Die Entwicklung des Eigentumsbegriffs
  • 3Wie du richtig reagierst ohne zu beschämen
  • 4Wie die 4 Erziehungsstile damit umgehen
  • 5Konkrete Schritte für den Umgang mit der Situation
  • 6Wann das Verhalten bedenklich wird

Warum nehmen Kleinkinder Dinge die ihnen nicht gehören?

Was wie 'Stehlen' aussieht, hat bei Kleinkindern meist andere Ursachen.

Kein Verständnis von 'Eigentum':
Kleinkinder verstehen noch nicht wirklich was 'Das gehört mir' vs. 'Das gehört der Kita' bedeutet. Für sie gilt oft: Wenn ich es haben will und es nehmen kann, dann nehme ich es.

Keine Impulskontrolle:
Das Kind will das Spielzeug, und der Impuls führt direkt zur Handlung. Es gibt keine innere Stimme die sagt 'Das darfst du nicht'. Der präfrontale Kortex der für Impulskontrolle zuständig ist, ist noch nicht ausgereift.

Kein Verständnis von 'Stehlen':
Das Konzept 'Stehlen ist falsch' erfordert Verständnis von Besitz, Fairness und sozialen Regeln. All das entwickelt sich erst mit der Zeit.

Bindung zum Objekt:
Manchmal nimmt ein Kind etwas mit weil es sich davon nicht trennen kann – nicht aus Bosheit, sondern aus emotionaler Verbindung.

Wichtig:
Ein Dreijähriges das ein Spielzeug aus der Kita mitnimmt, ist KEIN 'Dieb'. Es ist ein Kind dessen moralische und kognitive Entwicklung noch am Anfang steht.

Zwei Perspektiven auf die Situation

Um zu verstehen was passiert:

Dein Kind denkt:

  • Das ist toll, das will ich haben!
  • Ich liebe dieses Spielzeug so sehr
  • Ich dachte ich kann das mitnehmen
  • Ich habe nicht nachgedacht
  • Ich wollte es meiner Mama zeigen
  • Ich wusste nicht dass das nicht geht

Du als Elternteil denkst:

  • Oh nein, mein Kind klaut!
  • Was werden die anderen denken?
  • Habe ich bei der Erziehung versagt?
  • Wird mein Kind ein Problemkind?
  • Wie reagiere ich richtig?
  • Muss ich streng sein?

💡Bei Kleinkindern ist 'Spielzeug mitnehmen' kein moralisches Vergehen. Es fehlt das Verständnis von Eigentum und die Fähigkeit, Impulse zu kontrollieren. Deine Aufgabe ist Lehren, nicht Bestrafen.

🧠

Die Entwicklung des Eigentumsbegriffs

Das Verstehen von 'Das gehört mir' vs. 'Das gehört anderen' entwickelt sich langsam: 1-2 Jahre: Kein Konzept von Eigentum. 2-3 Jahre: 'MEINS!' entwickelt sich – aber nur für eigene Sachen. 3-4 Jahre: Beginnendes Verständnis dass andere auch Sachen haben. 4-5 Jahre: Verstehen dass man fremde Sachen nicht nehmen darf. 5+ Jahre: Moralisches Verständnis von Stehlen. Erwarte von einem Dreijährigen nicht das Moralverständnis eines Achtjährigen!

Typische Fehler wenn das Kind etwas mitnimmt

Diese Reaktionen helfen nicht – und können schaden:

  • Beschämen: 'Du bist ein Dieb!' verletzt das Selbstbild
  • Zu hart bestrafen: Harte Strafen für etwas das nicht verstanden wird
  • Ausfragen/Verhören: 'Warum hast du das gemacht?!' erzeugt Angst
  • Ignorieren: Kind lernt nicht was richtig und falsch ist
  • Übertreiben: Aus einem Spielzeug ein moralisches Drama machen
  • Das Kind als 'schlecht' labeln: 'Du machst immer so was!'
  • Vor anderen bloßstellen: Die Situation zum öffentlichen Thema machen

Wie die 4 Erziehungsstile reagieren

Dein Erziehungsstil prägt deine Reaktion:

Empfohlen
🌿

Autoritativ

Wärme + klare Grenzen

  • Bleibt ruhig und beschämt das Kind nicht
  • Erklärt einfach: 'Das gehört der Kita, das muss dort bleiben'
  • Bringt das Spielzeug gemeinsam zurück
  • Versteht dass es eine Lerngelegenheit ist
  • Macht keine große Sache daraus aber adressiert es
  • Überprüft ob es ein Muster gibt oder Einzelfall
  • Lehrt was Eigentum bedeutet im Alltag

→ Kind lernt: Das war nicht okay, aber ich bin deswegen kein schlechter Mensch. Und ich weiß jetzt wie es richtig geht.

🏛️

Autoritär

Strenge + wenig Emotionen

  • Schimpft und bestraft hart
  • Beschämt das Kind: 'Das ist Stehlen!'
  • Macht eine große Sache daraus
  • Wenig Verständnis für Entwicklungsstand
  • Droht mit Konsequenzen

→ Kind fühlt sich schlecht und beschämt, versteht aber nicht wirklich warum. Kann anfangen zu verstecken statt zu lernen.

☀️

Permissiv

Viel Wärme, wenige Grenzen

  • Spielt die Situation herunter
  • Bringt das Spielzeug nicht zurück
  • Entschuldigt das Verhalten
  • Keine klare Grenze wird gesetzt
  • Kind lernt nicht dass es nicht okay ist

→ Kind bekommt keine Orientierung und versteht nicht warum das problematisch war.

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Laissez-faire

Wenig Struktur, wenig Führung

  • Bemerkt es vielleicht gar nicht
  • Reagiert nicht wenn er es bemerkt
  • Keine Begleitung der Situation
  • Kind bleibt ohne Orientierung
  • Keine Lerngelegenheit

→ Kind lernt weder was richtig noch falsch ist.

So reagierst du richtig – Schritt für Schritt

Diese Strategie hilft deinem Kind zu lernen:

1

Bleib ruhig

Das ist keine Katastrophe. Es ist eine Lerngelegenheit. Atme durch und reagiere besonnen – nicht panisch oder wütend.

💡 Deine Ruhe zeigt dem Kind: Das ist korrigierbar, kein Weltuntergang.

2

Beschäme nicht

Sag nicht 'Du bist ein Dieb!' oder 'Schämst du dich nicht?' Das verletzt das Selbstbild und hilft nicht beim Lernen.

💡 Trenne Verhalten von Person: 'Das war nicht okay' statt 'Du bist schlecht'.

3

Erkläre einfach und klar

'Das gehört der Kita. Das müssen wir zurückbringen. Die Spielzeuge gehören allen Kindern dort.' Kurz, klar, ohne Vorwurf.

💡 Altersgerecht: Je jünger das Kind, desto einfacher die Erklärung.

4

Bringe es gemeinsam zurück

Das Kind soll erleben: Wenn ich etwas nehme das mir nicht gehört, bringe ich es zurück. Das ist die natürliche Konsequenz.

💡 Begleite das Kind dabei, stell es nicht bloß.

5

Keine übertriebene Entschuldigung

Ein kurzes 'Das gehört hierher, ich bringe es zurück' reicht. Keine erzwungene Entschuldigungsrede die das Kind demütigt.

💡 Die Handlung (Zurückbringen) ist wichtiger als Worte.

6

Frag ohne zu verhören

Du kannst fragen: 'Warum wolltest du das mitnehmen?' Aber akzeptiere wenn das Kind keine Antwort hat oder 'Ich weiß nicht' sagt.

💡 Oft war es wirklich nur ein Impuls ohne große Planung dahinter.

7

Lehre Eigentum im Alltag

Nutze Alltagssituationen: 'Das ist Papas Handy', 'Das ist dein Teddy', 'Die Bücher in der Bücherei gehören der Bücherei'. So entwickelt sich das Konzept.

💡 Auch 'Ausleihen' und 'Zurückbringen' üben – z.B. in der Bücherei.

8

Schau nach Mustern

Einmal etwas mitnehmen ist normal. Wenn es regelmäßig passiert, schau genauer hin: Bekommt das Kind genug? Sucht es Aufmerksamkeit? Gibt es Stress?

💡 Ein Tagebuch kann helfen: Wann passiert es? Was war vorher?

Wann wird das Verhalten bedenklich?

In den meisten Fällen ist 'Spielzeug mitnehmen' bei Kleinkindern harmlos und gehört zur Entwicklung. Aber es gibt Warnsignale:

Häufigkeit:
Einmal ist normal. Regelmäßig, trotz Erklärungen, ist ein Zeichen dass mehr dahinter steckt.

Alter:
Mit 2-3 Jahren völlig normal. Mit 5-6 Jahren und besserem Verständnis sollte es abnehmen. Wenn nicht, genauer hinschauen.

Heimlichkeit:
Wenn das Kind aktiv versteckt was es genommen hat, zeigt es dass es weiß dass es nicht okay ist – und es trotzdem tut.

Andere Verhaltensauffälligkeiten:
Wenn 'Klauen' zusammen mit anderen Problemen auftritt (Aggression, Lügen, extreme Wut), könnte es ein Symptom von etwas Größerem sein.

Unerfüllte Bedürfnisse:
Manchmal nimmt ein Kind Dinge weil es sich nicht anders zu helfen weiß. Es sucht nach Aufmerksamkeit, Kontrolle, oder etwas das es zu Hause nicht bekommt.

Wann ist 'Spielzeug mitnehmen' noch normal?

🟢

Normale Entwicklung

Kind unter 4-5 Jahren nimmt gelegentlich etwas mit. Es geschieht ohne Planung oder Verstecken. Kind versteht nach Erklärung dass es nicht okay ist und es wird weniger.

🟡

Erhöhte Aufmerksamkeit

Kind nimmt trotz mehrfacher Erklärungen weiter Dinge mit. Es versteckt aktiv was es genommen hat. Mit 5+ Jahren kein Verständnis. Es gibt andere Verhaltensauffälligkeiten.

🔴

Professionelle Beratung empfohlen

Regelmäßiges 'Stehlen' bei älteren Kindern. Kombination mit Lügen, Aggression, anderen Problemen. Kind zeigt kein Unrechtsbewusstsein. Verdacht auf tiefere Ursachen (Trauma, unerfüllte Bedürfnisse).

🩺Wann professionelle Hilfe sinnvoll ist

Bei Kleinkindern selten nötig, aber manchmal angezeigt:

  • !Das Verhalten ist häufig und anhaltend trotz Begleitung
  • !Es gibt weitere Verhaltensauffälligkeiten
  • !Das Kind ist älter als 5-6 und zeigt kein Verständnis
  • !Du vermutest tiefere Ursachen (Stress, Trauma)
  • !Die Kita oder Schule ist besorgt

Häufig gestellte Fragen

Ein Kind das etwas nimmt das ihm nicht gehört, ist kein kleiner Krimineller. Es ist ein Kind das noch lernt was Eigentum bedeutet. Unsere Aufgabe ist lehren, nicht strafen.

Dr. Laura Markham(Peaceful Parent, Happy Kids)

Wie reagierst du auf schwierige Situationen?

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